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Der Wettbewerb

– die Entscheidung für die Jann-Orgel fällt –

Nun war es so weit, die Entscheidung stand an. Die Gemeinde trug das Orgelprojekt mit, und durch die Mitarbeit vieler war bereits eine ansehnliche Spendensumme gesammelt worden. Wir hatten uns in der Nachbarschaft und in der Ferne über die aktuellen Möglichkeiten für einen Orgelneubau informiert. Jetzt musste Butter bei die Fische. Wie sollte sie nun aussehen, die neue Orgel? Zwei Manuale oder drei? Orientiert an einem historischen Stil, modern oder mit ganz eigenem Gepräge? Wer sollte sie bauen? Ein Orgelbauer aus der Nähe, eine traditionsreiche etablierte Werkstatt, oder sollte ein hoffnungsvolles aufstrebendes Unternehmen eine Chance erhalten? Kam vielleicht doch eine Art technischer Neubau unter Verwendung bestehenden Pfeifenmaterials in Frage, wir hatten uns ja auch geniale Restaurierungen angesehen?

Zumindest die letzte Frage ließ sich in einem Termin Ende Januar 1990 zusammen mit den Orgelsachverständigen unserer Diözese, Domorganist Hans-Jürgen Kaiser und Regionalkantor Raimund Murch (der gerade selbst ein Orgelbauprojekt bei sich in Hanau durchgeführt hatte), relativ schnell klären. Auch sie waren der begründeten Ansicht, dass dafür die Späth-Orgel zu wenig verwertbare Substanz besaß. Mit ihrem zurückgesetzten Standort in der Turmnische wies sie zudem eine akustisch äußerst nachteilige Eigenschaft auf, die im Rahmen einer Restaurierung nicht zu verändern war und dem Instrument trotzdem weiterhin anhaften würde.

Die neue Orgel sollte in der Lage sein, einen der Größe des Kirchenraumes angemessenen Klang zu entfalten. Das sprach eher für eine dreimanualige als für eine zweimanualige Anlage des Werkes, und es musste auch so platziert werden, dass der Klang im Raum zur Wirkung kam und nicht aus einer Nische heraus nur gedämpft zu hören war. Die Orgel würde also auch mit einem erheblichen Eingriff in die Innenarchitektur der denkmalgeschützten Kirche verbunden sein. Konnte ein Orgelbauer diese Herausforderung bewältigen? In dieser Situation wusste der im letzten Jahr verabschiedete Diözesanbaumeister Dr. Burghard Preusler Rat. Er schlug vor, für einen beschränkten Wettbewerb um den Orgelneubau Paare von Orgelbauern und kirchenerfahrenen Innenarchitekten zu bilden, die jeweils einen gemeinsamen Vorschlag abgeben sollten. Die Wettbewerbsausschreibung, die an drei solcher Paarungen unter Beteiligung der Orgelbauwerkstätten Georg Jann, Werner Bosch und Hubert Sandtner versandt wurde, forderte ein Konzept für die neue Orgel, das sie nicht nur in den barocken Raum in architektonischer wie klanglicher Hinsicht einpasste, sondern ihr genauso ermöglichte, zur Geltung zu kommen, klanglich und optisch präsent zu sein und in den Raum einzugreifen.

Diesen Anforderungen entsprach in mutiger und genialer Weise der von der Orgelbauwerkstatt Georg Jann aus Laberweinting bei Regensburg und dem Innenarchitekten Prof. Friedhelm Grundmann aus Hamburg eingereichte Vorschlag. Er setzte sich damit in der Preiskommission für den Wettbewerb, der ich für die Gemeinde angehören durfte, überzeugend durch. Das klangliche Konzept orientiert sich an barocken Vorbildern, das dreimanualige Instrument verfügt über ein Hauptwerk, ein Rückpositiv und ein schwellbares Echowerk sowie natürlich ein Pedal. Barocke Orgelmusik ist darauf optimal realisierbar, leichte Einschränkungen sind nur bei einigen orchestralen romantischen Werken hinzunehmen. Das Architekturkonzept antwortet auf den barocken Raum, indem dessen Gestaltungselemente aufgenommen werden. Gut zu erkennen ist das an den Säulen von Altar und Orgel. Die farbliche Gestaltung beider zeigt große Ähnlichkeit in der Marmorierung und Vergoldung. Die Säulen des Altares sind aber konisch, verjüngen sich also nach oben, die Säulen der Orgel zylindrisch. Die Altarsäulen werden durch ein barock verziertes vergoldetes Kapitell abgeschlossen, die Säulen der Orgel tragen an dieser Stelle einen schlichten Messingring. Es handelt sich also bei den Architekturelementen der Orgel nicht um Imitationen barocker Formen, sondern eigenständige und klar erkennbare moderne Elemente, die dennoch in Beziehung zu den barocken stehen.

Ein weiterer ganz wesentlicher Punkt ist die Form der Grundrisse des Orgelgehäuses. Mit dem Einbau der Orgel an dieser akustisch günstigen Stelle musste das mittlere barock geschwungene Brüstungselement der zweiten Empore entfernt werden – ein tiefgreifender Eingriff in die denkmalgeschützte Kirche, den Dr. Preusler möglich machte. Die Form dieses Elements ist aber weiter vorhanden, nämlich genau in der Form der Grundrisse des Orgelgehäuses. Für den Betrachter bleibt dieses Element also weiterhin sichtbar, wenn auch indirekt.

Insgesamt ist mit der Orgel im Vergleich zur früheren Situation ein Gegengewicht zum Altar entstanden, das diesen in seiner Bedeutung nicht mindert, sondern mit seiner an Engelsflügel oder eine Harfe erinnernden Form „musikalisch“ ergänzt.

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