– Genügt ein Bretterverschlag als Orgelprospekt? –
Interessiert hat mich schon als Vorschulkind, woher eigentich die Musik im Gottesdienst kam. Wenn ich während der Messe nach hinten oben in die Richtung, aus der der Klang kam, schaute – und das zog damals in aller Regel strenge Blicke der Umsitzenden, vielleicht im Nachhinein sogar eine zurechtweisende Bemerkung nach sich – war oben auf der zweiten Empore nur eine Art Bretterverschlag zu sehen. Dazu erklärte mir mein Vater ernsthaft, dass das die Orgel sei, die eben diesen Klang produziere. Zu sehen war, dass sich die Schwelljalousien, die diesen Anblick ausmachten, zu Beginn jedes Liedes oder Orgelstückes öffneten und danach wieder schlossen, mehr nicht. Ab und zu gingen wir direkt nach dem Gottesdienst auf mein Fragen noch nach oben auf die zweite Empore der Kirche, um aus nächster Nähe zu überprüfen, ob es mit den Erklärungen meines Vaters seine Richtigkeit hatte. Auch wenn dann der diensthabende Organist oder die Organistin alles bestätigte, war das für mich als Kind doch erstaunlich bis enttäuschend, dass ein solcher Bretterverschlag Musik von sich geben kann – oder darf. Pfeifen konnte man wirklich nur undeutlich irgendwo im Dunkeln erkennen, wenn man oben auf der Empore stand und der Bretterverschlag per Schwelltritt an der Orgel geöffnet wurde. Immerhin war da noch dieser Spieltisch mit den vielen Tasten und Schaltern, dem Schwelltritt und einem Register-Crescendo, also einer Vorrichtung, mit der man per Fußtritt oder Handhebel alle Register nach und nach quasi halbautomatisch hinzuziehen oder wieder abstoßen konnte.

Dieses Orgelwerk, das ich als Kind kennenlernte und auf dem ich später meine ersten Übungen praktizieren sollte, war im Jahr 1919 durch die Orgelbaufirma Gebrüder Späth aus Ennetach auf der zweiten Empore der Kirche errichtet worden. Im Jahr 1968 wurde es von Pater Lambert Hartweck noch einmal umgebaut, so sagen es die Quellen von Gottfried Rehm, zu denen neben der gestern genannten Monografie besonders noch ein Artikel in den Buchenblättern vom 30. November 1982 zählt. Die Kirchenorgel von 1919 war das zweite Instrument, von dem gesichert ist, dass es an dieser Stelle stand. Zuvor war auf der Empore im Jahr 1745, dem Jahr der Fertigstellung des aktuellen Kirchenbaus, von Bartel Brünner aus Würzburg eine Orgel mit 17 Registern erbaut worden. Welche das waren, ist nicht bekannt, und auch vom Prospekt dieses Instrumentes ist nichts erhalten bis auf zwei barocke Ornamente, die als Ohren bezeichnet wurden und an dem Neubau aus dem Jahr 1919 seitlich wieder angebracht wurden. Auf älteren Bildern sind sie noch zu sehen, beispielsweise auf dem, das in dem Kalender mit historischen Fotografien der Kirche für das laufende Jahr 2020 enthalten ist (und den man in der Kirche noch erhalten kann).

Ob in einem Kirchenbau vor 1745 auf einer Empore eine Orgel stand, ist nicht sicher bekannt. Das Instrument von 1670, von dem im gestrigen Beitrag die Rede war, ist wohl eher dem Bereich des Chorraumes zuzuordnen. Noch früher ist im Jahr 1634 vom Bau einer „hölzernen Orgel“ „bestehend aus einem Posaunenwerk aus Holtz“ mit sechs Registern durch den Orgelbauer Jörg Kaiser aus Aschaffenburg die Rede. Sie soll „auf der Bühne“ der damaligen Kirche errichtet worden sein. Vielleicht ist mit „Bühne“ eine in der damaligen alten Stiftskirche vorhandene Orgelempore gemeint. Möglicherweise handelte es sich wie auch bei einem 1511 erwähnten Instrument um ein Positiv, also eine kleinere und eventuell leicht versetzbare Orgel.
So war also die Entstehungsgeschichte der Vorgängerin der Jann-Orgel. Im nächsten Blog werden wir erfahren, wer außer Christa Noll, die ich als Organistin schon erwähnt habe, noch alles mit ihr zurechtkommen musste und welche Erfahrungen wir dabei machten.